Baltikum September 2021

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Am 31.8.2021 nahmen wir die Fähre von Helsinki nach Tallinn. Da es günstiger war, eine Schlafkabine zu buchen, gönnten wir uns den Luxus verbrachten die Nacht auf dem Schiff. Pascal war schon Tage davor aufgeregt, denn ein großer Traum ging für ihn damit in Erfüllung!

INFO: Die Fähre hieß SILJA Europa von der Reederei Tallink. Als sie ’93 gebaut wurde, war sie mit 200mx35m die größte Fähre der Welt!
Die Schlafkabine war sehr sauber, mit eigenem Badezimmer. Die Nacht kostete 20€ für uns drei. Für 5€ Aufpreis haben wir eine Kabine mit Meerblick bekommen.

Ich fühlte mich, als wäre ich auf der AIDA gelandet: ein Bordrestaurant nach dem anderen, Indoorspielplätze, Casinos, Duty free Shops, Souvenirläden, ein Frisörsalon, ein Spabereich, ein Supermarkt, ein Kino… Jedes Deck hatte etwas anderes spannendes zu bieten. Wir verbrachten den Abend aber mit Hulla Hoop und klettern im Kinder Spieleparadies! Die Frage, wer hier am Meisten Spaß hatte, lasse ich einfach mal offen…
Am Abend legte die Fähre bereits in Tallinn an und blieb mit den Übernachtungsgästen bis morgens im Hafen stehen.
Um 8.00Uhr fuhren wir von Bord und nutzten den Morgen, um Estlands Hauptstadt zu erkunden. Während die Stadt langsam erwachte und das Leben dort begann, konnten wir die vielen Eindrücke ganz in Ruhe auf uns wirken lassen. Die ersten Cafés öffneten ihre Pforten, Restaurants wurden für den anstehenden Tag beliefert und etliche Kinder in Schuluniform sprangen mit ihren gut gekleideten Eltern an uns vorbei.
(INFO: Wie sich herausstellte, war Schulanfang und die Erstklässler wurden mit Blumen und Holzstiften beschenkt.)
Die Mittelalteratmosphäre, die sich in jeder noch so kleinen Gasse widerspiegelte, war total faszinierend. Wir spazierten über Kopfsteinpflaster, vorbei an den alten Häusern der Kaufleute. Am großen Rathausplatz, dem Herzen der Altstadt, befanden sich kleine Verkaufswägen aus Holz und Frauen in mittelalterlicher Kleidung verkauften dort gebrannte Mandeln. Gaukler und Feuerspucker machten den Gesamteindruck in den Abendstunden perfekt. In Tallinn tauchten wir in eine andere Welt ein. (Ich sagte andauernd zu Pascal: „HIER SIEHT’S AUS WIE IM EUROPA PARK!) Schnell verstand ich, wieso die Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde!
Fast 2km Stadtmauer und 26 Türme sind seit dem Mittelalter noch vollständig erhalten. Zwei davon bilden das Stadttor, „die Lehmpforte“. Tallinn präsentierte sich mit einer kontrastreichen Mischung aus Tradition und Moderne und eroberte unsere Herzen um Sturm! Eine unfassbar schöne Stadt!
TIPP: Tallinn hat einen der schönsten Weihnachtsmärkte der Welt!

Berauscht von den vielen, bunten Eindrücken fuhren wir unseren ersten Schlafplatz in Estland an. Über Instagram erfuhr ich von den RMK Plätzen, wo ich unbedingt eine Nacht verbringen wollte.

INFO: RMK Plätze sind meist sehr schön gelegene Zelt- und Campingplätze, mit Feuer- und Grillstellen, überdachten Sitzmöglichkeiten, Plumsklo und Holz. Sie sind kostenlos und für jeden frei zugänglich.

Ich war begeistert! Wir landeten mitten im Laheema Nationalpark, im Wald, neben einem kleinen Tümpel, nur ein paar Pilzsammler schwirrten um uns herum. Der Platz war mit allem ausgestattet (siehe INFO) und hatte zusätzlich eine kleine, offene „Schlafkoje“ aus Holz, sodass Wanderer nichtmal ihr Zelt aufschlagen mussten! Wow! Wie sehr würden wir uns solche Orte in unserer Heimat wünschen…
Das Viru Hochmoor befand sich in direkter Nähe und wir entschieden die Landschaft am nächsten Morgen zu erkunden. Ein kilometerlanger Holzbohlenweg führte durch die mystischen Wald-und Moorlandschaften, die typisch für den Laheema Nationalpark waren. Auf halber Strecke gab es einen Holzaussichtsturm (barrierefrei), wovon das flache Gebiet besonders gut zu bestaunen war!

Wir grüßten (wie gewohnt) alle entgegenkommenden Wanderer und bemerkten, dass wir kein einziges Mal zurück gegrüßt wurden. Komisch. Leider zog sich dieses Phänomen durch ganz Estland, was wir so nicht erwartet hätten. Und trotzdem bin ich mir sicher, dass es viele aufgeschlossene und gestfreundliche Estländer gibt, denen wir leider nicht begegneten.

Unsere Reise geht weiter nach Rummu zum Murru Vangla Gefängnis.
Das Gefängnis war von 1938-1991 in Betrieb und wurde mit Pumpen über all die Jahre trocken gehalten. Als die letzten Insassen verlegt wurden und sich die Pforten endgültig schlossen, wurden auch die Pumpen abgebaut und das kristallklare Wasser eroberte sich schleichend ein Gebäude nach dem Anderen zurück. Hohe Kalkberge umrahmten das Gelände und machten diesen Ort zu etwas ganz besonderem. Etliche Taucher pilgern jedes Jahr hier her, um die verrückte Unterwasserwelt zu erkunden. Aber auch von Land war die Aussicht auf diesen „UNHEIMLICH“ schönen Ort gigantisch und sehr empfehlenswert!

Unsere Reise geht weiter auf die Ostsee Insel Hiiumaa! Vorbei an wunderschönen Häuschen mit Reetdächern, viel Wald, Meer, einsamen Stränden, wilden Johannisbeeren, Hagebutten und einer Hand voll Touristen. Und weil uns der erste Platz im Lahemaa Nationalpark so begeisterte, landeten wir auch hier auf einem RMK Platz ganz in der Nähe der Sääretirp Landzunge, die fast 2km in die offene See hinein ragte.
Doch was nützen die schönsten Orte, wenn die Stimmung im Paradies unterirdisch ist?? Ich war bockig – Pascal kritisierte. Eine ganz üble Mischung. Wir trieben uns gegenseitig so in die miese Laune rein, dass wir 2 Tage lang unsere Energie dafür aufbrachten, eisern zu schweigen… Total beknackt und an die verschwendete Zeit und vergeudete Lebensenergie möchte ich gar nicht denken. Nach den Diskussionen der letzten Wochen wussten wir doch EIGENTLICH, wie wir Meinungsverschiedenheiten konstruktiv lösen. Und trotzdem weiß ich auch, dass uns solche Tage in den kommenden Monaten immer wieder herausfordern werden. Gut, dass einer von uns sich stets erbarmt, die Rolle des „Klügeren“ einnimmt und alles auf Werkseinstellungen zurücksetzt!

Unsere Reise geht voller Harmonie weiter auf die viertgrößte Ostsee Insel Saaremaa. Die estländischen Fähren waren total modern, kinderfreundlich ausgestattet und das Buffet musste außerordentlich gut sein. Wir beobachteten, dass sich die Einheimischen aus ihren Autos stürzten, um sich eine Sekunde später die Mägen im Bord Restaurant vollzuschlagen… Oder war das hier so Tradition?

Die Insel war wirklich wunderschön und sehr gepflegt! Es gab gefühlt nur eine einzige, einsame Straße, weitläufige Natur, unzählige Schlafplätze direkt am Meer und zu guter letzt Wald, Wald und nochmal Wald. Immer mal wieder stand ein zerfallenes Haus voller Charme am Straßenrand, das nur darauf wartete, dass ein Bastler sich dessen annahm. (Einige unserer Freunde würden sich die Finger nach genau sowas lecken!)
Die Englischkenntnisse wurden immer schlechter, mit Händen und Füßen verständigen war mittlerweile angesagt. Die Kreditkarte funktionierte oft nicht (ein Kassierer brüllte ungefähr 5x „NO MORE MONEY“ durch den Laden, sodass alle dachten, wir wären bettelarm – richtig peinlich) und nach Wochen hatte ich mal wieder Bares in der Tasche.
Wir verbrachten die Nacht an der Panga Cliff – einer 20m hohen und 2,5km langen Küstenklippe am Nordufer Saaremas. Und naja, Steilküsten sind schon ne coole Sache, wenn man vom Wasser en Blick drauf werfen kann… Wir standen aber direkt oben am Rande der Klippe. Von dort gings lediglich steil bergab und wir konnten die imposante Aussicht nur erahnen. Dumm gelaufen, Freunde!
Immerhin hatten wir einen Schlafplatz mit Meerblick am Abend und ÜBERRASCHUNG Baustellen Lärm in den Morgenstunden. Hallo Realität!

Hinzu kam, dass der Warmwasserboiler auf 12V streikte und die Sehnsucht nach einer warmen Dusche täglich größer wurde. Damit sich Pascal der Boiler Reparatur in Ruhe widmen konnte, fuhren wir einen Campingplatz an. Dort telefonierte er mit dem Kundendienst, um die Fehlersuche einzugrenzen, entkalkte den Boiler mit allen gängigen Hausmitteln, baute alles aus, überprüfte die Elektronik, führte verrückte Testläufe mit 5l Wasserkanistern durch und tat wirklich alles in seiner Macht stehende, um das Teil wieder zum Laufen zu bringen. Und natürlich ist so ein defekter Boiler ein Kinderspiel für Paco Perfecto… Denn im Handumdrehen polterte das Teil wieder kochend heißes Wasser aus dem Hahn!

Und trotzdem entschieden wir uns dazu, die Vorzüge des Campingplatzes in vollen Zügen zu genießen und dort zu duschen, was sich als großer Fehler erwies… Denn als ich mit Pan unter der Dusche stand, stieg mir ein komischer Geruch in die Nase. Es roch modrig, nach verfaulten Eiern, wahrscheinlich musste der Siphon mal wieder gereinigt werden.
Anschließend hüpfte Pascal munter unter die Dusche. Als er zurückkam war die Laune alles andere als munter, denn wie sich herausstellte, kam der Geruch nicht aus dem Siphon. Nein, nein… Das WASSER stank nach Schwefel und somit auch wir, unsere Wäsche und zu guter letzt der Kaffee! Wie verwöhnt wir doch waren, was einwandfreies, deutsches Trinkwasser anbelangte!
(Die Einheimischen trinken das Wasser sogar, was uns unerklärlich war.)

Unsere Reise geht – frischgeduscht und dennoch stinkend – weiter an die Ostsee! Da sich Pan erkältet hatte und Pascal und ich auch die ersten Symptome zeigten, kam uns die gesundheitsfördernde Meeresbrise sehr entgegen.
Der Schlafplatz war traumhaft! Heidi stand in einem kleinen Pinienwald, der direkt an den Sandstrand angrenzte. Die Wellen rauschten vor der Schiebetür. Drei Tage nahmen wir uns Zeit, wieder fit zu werden. Tankten Kraft für neue Abenteuer, spazierten den Sandstrand auf und ab, machten Feuer und spielten mit allem, was der Wald so hergab!
Dieser Ort war perfekt. Wäre da nicht dieser eine Fund gewesen, den Pascal an unserem letzten Tag in Estland machte: direkt neben Heidi fand er eine laaange Schlangenhaut!!! Mein größter Horror, denn wie jeder weiß, sind Schlangen große Regenwürmer für mich…

Deshalb geht unsere Reise schnellstmöglich weiter nach

LETTLAND

Die Autofahrer waren dort verrückt! Trotz Gegenverkehr überholten die Letten mehrere Autos und machten aus einer Spur zwei, manchmal drei. Selbst Pascal, der ein zügiger Fahrer ist und sich schnell an das Fahrverhalten anderer Länder anpassen kann, zeigte hier eine leichte Fassungslosigkeit… Zur Krönung lotste uns das Navi mehrere Kilometer durch ein belebtes Militärgelände, wo links und rechts bewaffnete Soldaten in den Gräben lagen und uns lediglich Militärfahrzeuge entgegenkamen… Pascal ist in solchen Momenten immer ganz cool und der festen Überzeugung, dass er hier entlang fahren darf, während mir das Ganze total unangenehm ist…
Immerhin schafften wir es ohne angeschossen zu werden zum nächsten Campingplatz, wo wir mal wieder die einzigen Gäste waren. Und da wir immernoch nach faulen Eiern rochen, freuten wir uns umso mehr auf eine warme Dusche! Wonach wir nicht mehr nach Schwefel stanken, sondern nach Eisen!!! Das Dusch-Glück war einfach nicht auf unserer Seite… Und die Sache mit dem deutschen Trinkwasser wissen wir nun umso mehr zu schätzen.
Pascal nutzte die Zeit, um die Lichter am Heckträger zu reparieren, für Heidi gab’s neue Scheibenwischer und Pan kletterte auf dem Spielplatz herum. Auch das Wetter wurde besser und wir hatten zum ersten Mal seit Wochen wieder kurze Hosen an!!!
Nach einem kleinen Abendspaziergang krochen wir müde ins Aufstelldach.
Nachts weckten mich aber komische Geräusche, die ich gar nicht einordnen konnte. Erstmal Pascal wecken, der weiß alles! Waren das Schüsse? Und Bomben? Natürlich! Das Militärgelände grenzte direkt an den Campingplatz, wodurch sich die Nacht anfühlte, als wären wir in einem Kriegsgebiet gelandet…
Ein bedrückendes Gefühl und Grund genug, um unsere Reise am nächsten Morgen fortzusetzen.

Und schwups, da waren wir auch schon in
LITAUEN

Auch hier begegneten uns verrückte Autofahrer, einer davon war ein BMW, der Heidi im toten Winkel nicht sah und dadurch ins Schleudern geriet. Glücklicherweise bekam er wieder die Kontrolle über das Fahrzeug und alle Beteiligten kamen mit dem Schrecken davon.

Litauen bot viel flaches Land, weite Felder und während ich über die tolle Tierhaltung ohne Zäune schwärmte, nahm mir Pascal die Illusion, indem er mir zeigte, dass jedes Tier angekettet war…
Wir landeten in einem Wald, mit vielen Grillstellen und Sitzmöglichkeiten und überall saßen Familien mit Schaschlik und Bier, lachten und verbrachten den Sonntag zusammen!
Einer davon war Aras, der direkt zu uns rüber kam und erzählte, dass er vier Jahre in Deutschland lebte. Da auch hier in Litauen die schlechte Wasserqualität ein Thema war (eisenhaltig), bot er uns an, unseren Frischwasser Tank bei ihm zuhause zu füllen. Wir merkten, dass die Hilfsbereitschaft der Einheimischen immer größer wurde, je mehr wir Richtung Süden fuhren. Ob das in den kommenden Ländern auch so sein wird??

Unsere Reise geht weiter nach Polen…


Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Anonymous

    ….und da sitze ich mit einem Glas Wasser in der Hand- in bester deutscher Qualität 😉- und freue mich darüber, dass wir daheim Gebliebenen wenigstens nach dem Duschen besser riechen als vorher😁. Unglaublich, was ihr erlebt und dann auch noch Schüsse in der Nacht😣!
    Und nun zieht weiter, ihr unruhigen Geister, und behaltet bei allem, was ihr tut, Pans Hand fest in eurer👨‍👩‍👦… das zu wissen, beruhigt uns sooo sehr🤗❣
    Wir lieben und vermissen euch an jedem einzelnen Tag 🧡,
    die aus der Hub 👋🥰

    1. Heidi.finition

      Danke Mama 💚

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