Gedanken – Afrika

Du betrachtest gerade Gedanken – Afrika

Raus aus dem Zuckerwatte Europa – 5 Monate Afrika…
Afrika war wild, echt, überfordernd, faszinierend, derb und manchmal schockierend.
Afrika war nicht so, wie wir es uns ausgemalt hatten. In unseren Vorstellungen war Afrika lächelnd, tanzend, bunt und voller Lebensfreude. Wir dachten an große Ansammlungen von Kindern, die winkend neben Heidi her rannten. Genauso, wie es auf den Reiseprospekten im Discounter gezeigt wurde.
Was wir sahen, war oft das Gegenteil: Armut, Verwahrlosung, Existenzangst und Traurigkeit. Weit weg von den Touristen Rundreisen war die Realität eine andere.
Wir erwarteten Kultur an jeder Ecke, die leckersten Eintöpfe, von bunt gekleideten, temperamentvollen, afrikanischen Mamas, frisch über dem Feuer gekocht, Wildlife überall. Und was wir bekamen waren überteuerte Touren in geschauspielerte Traditionsdörfer, Burger und Pommes und Schlangen hinter Glasscheiben.
Wie auch von vielen Ländern Europas hatten wir unendlich realistische Bilder im Kopf, die sich vor Ort wie in Luft auflösten.

Die Mentalität der Menschen überforderte uns komplett. Die Gemütlichkeit in all ihren Handlungen ließ uns kochen vor Wut! Beim Einkaufen hätte ich die Lebensmittel gerne selbst übers Band gezogen, weil ich das Tempo der verrückten Lidl Kassiererinnen in Deutschland gewohnt war.
An den Grenzen hätte Pascal den BeamtInnen am Liebsten die Tastatur weggenommen und die paar Buchstaben unserer Namen selbst ins System eingespeist und im Restaurant hätten wir locker nach der Bestellung ein 4 Gänge Menü selbst kochen können, bis unser Essen endlich kam…
Diese Gemütlichkeit, spiegelte sich im ganzen Wesen der Afrikaner wieder. „Hurry hurry“ gab’s hier nicht (in Südafrika gab’s sogar eine Bezeichnung dafür: „slow slow“ bedeutete so richtig, richtig, richtig langsam). Ihr Gang, ihre Art über Dinge nachzudenken, ihre Arbeit, ihr Leben, alles lief entspannt und easy… Und wir quirligen Europäer mittendrin. Da war der Kulturschock ziemlich vorprogrammiert. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mich eine südafrikanische Frau mit offenem Mund und riesigen Augen dabei beobachtete, wie ich unser Geschirr versorgte und anschließend den Tisch abwischte. Die Fassungslosigkeit stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben und vielleicht hatte sie noch nie jemanden so schnell arbeiten gesehen… Hahahaha!

Und gleichzeitig merkten WIR, wie krass WIR darauf programmiert waren, ständig zu leisten und abzuliefern. Für wie viele von uns wäre genau das ein perfekter Tag?:

Aufstehen – Frühstück – Kaffee – sitzen – Mittagessen – Kaffee – sitzen – Abendessen – Bier – schlafen.

Wie oft wir doch durch unser Leben hetzen und vergessen „einfach mal dazusitzen und nichts zu tun“. Wir erlebten quasi 2 Extreme, die beide nicht gesund wirkten…

An der Arbeitsmoral der Einheimischen hatte besonders Pascal zu knabbern. An jeder Ecke gab es unendlich viele Baustellen, aber die Arbeit wurde entweder nicht gesehen, oder bewusst ignoriert.
Wasser tropft von der Decke nach nem Rohrbruch? Das tropft auch noch ne Woche später. Solange der Rest noch funktioniert…
Toilette wurde 2 Wochen nicht geputzt? Hat sich ja niemand beklagt.
Elektronik ist lebensgefährlich verbaut? Das regeln wir morgen.
Um 5 waren wir verabredet? Reicht, wenn ich dann um 9 da bin.
Dieses Desinteresse machte Pascal verrückt. Nichts wurde zu Ende gebracht und falls doch, wurde schlampig gearbeitet. Die Arbeitsmoral bestand aus 100% Halbherzigkeit. Und auch hier war Pascals Perfektionismus das andere Extrem… Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Satz hörte: „Ich vermisse die deutsche Genauigkeit!“

An keinem anderen Ort dieser Erde spürten wir Rassismus so krass, wie in Südafrika. Es gab kein Miteinander. Alle lebten separiert. Niemand war einfach nur Mensch, sondern wurde kategorisch einer „Rasse“ zugeordnet. Weiß – schwarz – colored. Die Hautfarbe schien bereits bei der Geburt über den Verlauf des Lebens zu bestimmen. Es wurde unfassbar schlecht übereinander geredet. Mit dem Finger auf die Anderen gezeigt. Vernichtende Vorwürfe geäußert und Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe in eine, enge Schublade gesteckt. Ein Blick über den Tellerrand, oder die Bereitschaft für en Perspektivenwechsel? Verständnis für das Schicksal, das Leben oder die Gefühle anderer? Fehlanzeige! Ein Armutszeugnis.
Und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, dass ICH Rassismus erlebte. Ich wurde von vielen südafrikanischen Frauen so herablassend und unfair behandelt. Ich wurde teils keines Blickes gewürdigt, bekam auf Fragen keine Antworten, wurde angeschrien. Die Kluft zwischen Schwarz und Weiß war allgegenwärtig. Und bestimmt bekam ich in diesen Momenten all den angestauten Frust dieser Frauen ab. Ihren Hass, ihren tiefen Schmerz der Vergangenheit und ihre Wut. Vielen schien es schwer zu fallen, Menschen nicht auf ihre „Rasse“ zu reduzieren…

Und dann war da andererseits diese unfassbar schöne Natur. Berge, Wüsten, Meer, Savannen. Afrikas Sonnenuntergänge, die in Lila-, Blau- und Rottönen leuchteten (erst wenn du en Sonnenuntergang in Afrika gesehen hast, weißt du, was Wunder sind). Die atemberaubenden Tierbegegnungen. Elefanten latschten direkt an Heidi vorbei, wir sahen alle BIG 5 (!!!), Zebras, Giraffen und Antilopen aller Art. Afrikas wilde, unberührte Natur war so faszinierend und hat uns gleichzeitig viele erste Male beschert: Wir waren zum ersten Mal in ner Wüste, sahen zum ersten Mal Raubkatzen in ihrem natürlichen Lebensraum, fuhren zum ersten Mal durch afrikanische Nationalparks mit unserem EIGENEN Zuhause, und und und… (An dieser Stelle noch ein DANKESCHÖN an unsere Transporter Dame, die uns stets sicher von Ort zu Ort brachte und selbst schwerste Offroad Pisten meisterte. Heidi, du bist echt en toughes Girl!)
Wir hatten besondere, prägende Begegnungen mit den Einheimischen! Herzerwärmende Momente und ziemlich oft einen Kinderbonus (vielleicht wurden wir auch deshalb nie ausgeraubt). Pan wurde immer und überall geknuddelt und herumgetragen. Und er hasste es. Hahaha!
Wir tanzten auf Zeremonien, lernten, Barrieren zu brechen, und die Eigenarten anderer Kulturen zu respektieren. Afrika war so ein großes Abenteuer, das wir stets im Herzen tragen werden und uns nachhaltig geprägt hat. Wir teilten so oft wir konnten, warfen Vorurteile über Bord und mussten wirklich hart daran arbeiten, Vertrauen zu fassen. Und dabei sind wir oft auf die Schnauze gefallen… Trotzdem hat uns jede Erfahrung reicher gemacht, wir sind wieder ein Stück gewachsen.

Und ja, Afrika war anders.
Anders heißt aber nicht falsch.
Anders heißt auch nicht enttäuschend.
Anders ist bereichernd.

DANKE Afrika 🤍

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Gedda / Danielle

    Hallo meine lieben…
    Ja… Jede Kultur, Land oder Kontinent ist anderst. Einfach anderst auf seine Art… Es freut mich das es euch gefallen hat und bewahrt es gut in eurem Herzen… Allgemein alles… Eure ganze Reise… Alles das was ihr erlebt habt ist was ganz besonderes.
    Trotzdem bin ich wahnsinnig froh wenn ihr wieder zu Hause seid 🥰🥰… Und das ist schon ganz bald 🥳🥳
    Genießt jetzt einfach noch die Zeit auf eurer Reise… Bin in Gedanken immer bei euch 😇😇!!
    Fühl euch ganz fest gedrückt 🤗🤗
    Ganz liebe Grüße Gedda 😘😘

Schreibe einen Kommentar