Am 13.09.2021 passierten wir die Grenze zu Polen (es gab keine Grenzkontrollen). Die Fahrt war geprägt von LKWs und Heidi als einzige Transporter Dame mittendrin.
Auch als wir in den ersten Minidorfladen reinspazierten (der zu 1/4 nur aus Dosenbier bestand – Pascals Paradies) merkten wir schnell, dass hier nicht allzu oft Touristen landenten. Und mit dem Mundschutz machte ich mich noch tausend mal auffälliger, weil ich die einzige war, die auf den 20qm überhaupt einen trug… Hier kannte scheinbar jeder jeden, nur uns kannten sie nicht. Und genauso beäugten sie uns auch. Aber selbstbewusst, wie wir waren, packten wir unser Körbchen voll, verständigten uns mal wieder erfolgreich mit Händen und Füßen und fuhren anschließend unseren ersten, polnischen Stellplatz in Rutka-Tartak an, wo bereits ein eigenartiger Brite mit seinem alten Wohnmobil stand. Es war ein älterer Herr, mit weißem Haar und allerlei teurem Kameraequipment an Bord, mit welchem er kurze Videos von seinen polnischen Escort Ladies drehte… Pascal kam in den Genuss eine anzügliche Sequenz mit einer Erdbeere zu sehen und zeigt bis heute traumatisierte Verhaltensmuster, wenn ich ihn auf dieses verstörende Video anspreche…
Der Schlafplatz lag direkt an einem See und war mit Strom, Frischwasser, Toiletten, WLAN und einer großen Grillhütte ausgestattet. Ne riesen Portion Sonnenschein gab’s gratis dazu, wodurch auch dieser seltsame Nachbar schnell in Vergessenheit geriet! Hier blieben wir ein paar Nächte, um entspannt in Polen anzukommen.
Unsere Reise geht weiter nach Gmina Tykocin, wo wir zwischen Wiesen und Feldern einen schönen Platz am Fluss fanden. Der Tag neigte sich mit einem gigantischen Sonnenuntergang dem Ende zu und mit der eintretenden Dunkelheit kamen auch unsere Endgegner aus ihren Verstecken gekrochen – die Schnaken. Wer hat sowas eigentlich erfunden? Blutsaugende Insekten? WOFÜR?
Und immer warteten sie an den schönsten Orten auf uns. Arschlöcher.
Aber hier gab es mutierte Moskito Versionen, denn sie griffen im Team an und hinterließen punikadeckelgroße, geschwollene Hügel auf der Haut, die sie ABSICHTLICH an den gemeinsten Stellen platzierten (z.B. am Finger, wo man einfach nicht richtig kratzen kann). Auf Pascal hatten sie es besonders abgesehen, weshalb er sich irgendwann geschlagen gab und sich eingeschüchtert im Bus verbarrikadierte…
Am nächsten Morgen flohen wir nach Warschau. Hätten wir uns mal lieber noch ne Nacht den Arsch von den Schnaken versohlen lassen… Denn wir landeten in einer verdreckten Stadt, überall, wirklich überall lag Müll. Vom Benzinkanister bis hin zu Kleidungsstücken aller Art war hier alles zu finden. Jedes Haus hatte hohe Mauern oder war eingezäunt, die Spitzen teilweise mit Stacheldraht verziert und jede Ecke war videoüberwacht. Prostituierte liefen in ihren High Heels am Straßenrand auf und ab, während ihnen die Fernfahrer ins Dekolleté glotzten. Ein Bild, das mir kein besonders sicheres Gefühl vermittelte und alles in mir drin sagte, dass ich hier einfach nur wollte…
Das einzig Positive, was ich jemals mit Warschau verknüpfen werde, ist Zapiekanki – ein 50cm langes, aufgeschnittenes Baguette, mit Champignons, Knobisoße und Käse. IMMERHIN.
Also fuhren wir weiter, raus aus der Stadt, hinein in die Pampa, bis wir an einem See mit etlichen kleinen Sandstränden landeten. Der See grenzte an einen Wald und wir waren unendlich glücklich so ein schönes Fleckchen Erde gefunden zu haben. Als Pascal jedoch loszog, um nach Holz zu suchen, kam er ziemlich fassungslos zurück… Der ganze Wald glich einer Mülldeponie. Flaschen, Teller, Eimer, Kleidung, Grillzangen, Taschentücher, Glasscherben, Dosen… Noch an keinem anderen Ort hatten wir eine vergleichbare Menge an Müll mitten in der Natur vorgefunden. Natürlich sammelten wir einiges davon auf und warfen es in die Mülltonnen vor Ort, aber Erfolge waren nur schwer zu erkennen… Leider spielt auch unsere Heimat bei diesem Thema eine große Rolle, denn jährlich werden viele Tonnen schadstoffhaltiger, deutscher Müll illegal in Polen „entsorgt“.
Unsere Reise geht weiter nach Krakau. Dort wuschen wir in Rekordzeit unsere Wäsche, pfiffen uns ein paar Kohlenhydrate im Burgerladen nebenan rein und fuhren schnellstmöglich wieder raus aus dem Stadtgetummel. Die Schlafplatzsuche gestaltete sich ziemlich mühselig und irgendwann parkt wir auf einem matschigen Waldparkplatz, der uns nicht wirklich glücklich stimmte. Es regnete, der Müll wurde auch hier nicht weniger und mal wieder wurden wir videoüberwacht (ich konnte mich noch nicht entscheiden, ob mir die Kameras ein Sicherheitsgefühl gaben, oder doch eher das Big Brother feeling überwog)…
An solchen Tagen hätte ich gerne Pans Leichtigkeit, denn ihn bockt sowas nie. Er freut sich über Regen und Matsch, es ist ihm scheiß egal, ob wir in ner Parkbucht oder am weißen Sandstrand übernachten – hauptsache es liegen irgendwo ein paar Stöcke rum…
Am Morgen darauf saßen wir gerade beim Frühstück, als wir einen blauen T5 mit Hochdach entdeckten, der sich nachts zu uns gesellt haben musste. Kurz darauf hüpfte ein Berliner mit Kaffee und Kippe aus dem Bus und kam direkt zu uns rüber. Da er schon das ein oder andere Mal hier in der Gegend unterwegs war, versorgte er uns mit vielen Tipps und sorgte unter anderem dafür, dass wir unsere Route spontan änderten und doch Richtung Rumänien fuhren.
Ich bin so dankbar dafür, dass es Pascal mittlerweile leichter fällt, von Plänen abzuweichen und ganz neue Wege zu gehen. Noch vor ein paar Wochen wäre eine kurzfristige Routenänderung UNDENKBAR gewesen… Und trotzdem weiß ich auch, dass es ihn viel Kraft kostet und es ihm schwer fällt, „einfach mal zu machen“, ohne vorher eine ausführliche Recherche betrieben zu haben. Ich hoffe, dass er für sich viel Positives daraus ziehen kann, um auch zukünftig manche Dinge im Leben entspannter zu betrachten…..
Unsere Reise geht weiter Richtung Zakopane. Zakopane, Mascarpone, Zakapone, Calzone, Pacozane, Pacopane.. Es gibt keine Kombi, die Pascal nicht gesagt hat. Irgendwann wussten wir beide nicht mehr wie es hieß…
(Elena, ich musste so oft daran denken: „Dornbirn, Birndorn, Borndirn oder doch Dirnborn?“)
Die Gegend war wunderschön! Alle Häuser hatten aufwändige Dachkonstruktionen, von der Fledermausgaube bis hin zu geschnitzten Verzierungen war alles dabei, sodass Pascal aus dem Staunen nicht mehr heraus kam. Die besondere Bauweise trägt den Namen „Zakopane-Stil“ und ist wirklich total einzigartig und besonders für die Region!
Natürlich sanken die Temperaturen in Polens höchst gelegener Stadt auf eisige 8 Grad, aber das Bergpanorama, das uns umgab, war die Kälte allemal wert! Ich muss zugeben, dass ich in meinem Kopf lediglich Bayern, Österreich und die Schweiz mit imposanten Berglandschaften in Verbindung brachte. Dass es so etwas auch in Polen gab, war ziemlich überraschend für mich…
Nachdem sich die Schlafplatzsuche mal wieder schwierig gestaltete und wir nirgends fündig wurden, entschieden wir ein Zimmer zu nehmen (was in Polen sogar günstiger war, als ne Nacht auf dem Campingplatz).
Schnell wurden wir fündig und fuhren die urige Głodówka Hütte in Brzegi an. Da die Saison vorüber war, wunderten wir uns über die überfüllten Parkplätze rund um die Hütte… Komisch. Hinzu kam, dass alle Leute mittelalterliche Kleidung trugen. Doppelt komisch. Nichtsahnend schnappen wir uns den nächsten Parkplatz, während sich links und rechts von uns Frauen in ihre Schnürkleider und Mieder warfen und die Männer Leinenhosen, Gauklerumhänge und Filzhüte trugen. Trinkhörner hingen an ihren Hosen und manche marschierten mit Schutzschild und Holzschwert an uns vorbei. So langsam checkten auch wir, wo wir gelandet waren… Unsere Mittelalterrobe hatten wir spontan zwar nicht griffbereit, aber dieses Spektakel ließen wir uns nicht entgehen. Die 3 deutschen Touris schlenderten also in Zivilkleidung entspannt über das Gelände und plötzlich waren WIR die Attraktion – die Dress Code Rebellen. UPSI. Es wundert mich immernoch, dass wir nicht zum Schwertkampf herausgefordert wurden… Rund um die Głodówka Hütte reihte sich ein Marktstand an den nächsten. Es wurden handgemachter Schmuck, Schnitzereien und tolle Filzkleidung angeboten. Über dem Lagerfeuer hing ein großer Kessel mit lecker duftendem Eintopf und im angrenzenden Wald schlugen die Mittelalter Fans ihre Tipis auf.
Wieder tauchten wir in eine andere Welt ein! Aber wir waren ja aus einem ganz anderen Grund hier gelandet: Wir brauchten ein Zimmer! Natürlich waren alle Unterkünfte rund um dieses Spektakel ausgebucht… So eine Scheiße. Letztendlich führte uns aber genau dieses Zusammenspiel an Schlafplatzflauten an unseren nächsten, tollen Ort:
In einem Nebenort von Zakopane nahmen wir ein Zimmer. Ich ging davon aus, dass wir die gesamte Wohnung mieteten, die uns der grummlige Hausherr zeigte, aber komischerweise saß er andauernd in der Küche, nagte mit den letzten paar vorhandenen Zähnen Knochen ab und aß ähnlich rätselhaftes Zeug, wie meine Oma… Okay, scheinbar lebten wir hier einfach mit ner polnischen Familie zusammen. Gewöhnungsbedürftig und gleichzeitig ziemlich cool! Abends kam die zackige Chefin, begrüßte uns total herzlich und servierte leckeren, polnischen Kuchen! Ich war im Paradies gelandet!
Es war ein belebtes Haus. Andauernd spazierten Leute ein und aus, in der Küche stand immer jemand anderes am Herd und wir wissen bis heute nicht, wer dauerhaft dort wohnte und wer lediglich Gast war! Morgens saßen Asiatinnen und eine Iranerin mit uns am Frühstückstisch und abends kamen polnische Freunde vorbei und tranken Tee, während kiloweise Kartoffeln zubereitet wurden. Für mich fühlte sich dieses Haus an, wie mein Elternhaus: auch dort war immer „Tag der offenen Tür“, jede/r war willkommen und wer Hunger hatte, wusste, wo der Kühlschrank stand… Ein vertrautes Heimat Gefühl machte sich in mir breit. Und obwohl hier so viele, verschiedene Menschen miteinander unter einem Dach lebten, verhielt sich jede/r rücksichtsvoll (es stellte sich heraus, dass wir in einer Art Hostel gelandet waren, mit Zimmern für circa 10 Personen). Jeden Tag versorgte uns die Mama mit Kuchen und spielte solange Gugus-da mit Pan, bis sie ihm ein Lächeln entlocken konnte. Wir wurden so herzlich aufgenommen und fühlten uns richtig willkommen!
Wir nutzten die Nähe zur Stadt und fuhren mit den Öffis nach Zakopane – oder Pakozane?!? Ich hatte ganz vergessen, wie schön so ein Stadtbummel sein kann, wenn man keinen Parkplatz suchen musste…
Zakopane wird auch (zurecht) als St. Moritz von Polen bezeichnet und war ein total uriges Städtchen. Entlang der Kopfsteinpflasterstraße standen etliche Holzhütten aus denen Souvenirs, Oscypek (traditioneller, polnischer geräucherter Schafskäse), selbstgebrannte Schnäpse, Felle und Jacken aus Schafswolle verkauft wurden! Überall duftete es nach süßem Gebäck und Kinder standen staunend unter bunten Heliumluftballons. Pferdekutschen warteten auf die ersten zahlenden Kunden, ein Straßenkünstler sorgte für Unterhaltung und irgendwie hatte ich das Gefühl, als wäre ich auf einem Weihnachtsmarkt gelandet… Pascal schlürfte schon vormittags die ersten polnischen Schnäpse, während ich über den traditionellen Käse herfiel, der einfach nach Speck schmeckte!!! Wir ließen es uns so richtig gut gehen, während der Junior stundenlang friedlich in der Kraxe schlummerte. Die Touristenmassen wurden uns aber irgendwann doch zuviel und mit nem traditionell polnischen Döner in der Hand (den man nicht unbedingt empfehlen konnte), zottelten wir zurück in unsere Unterkunft, wo uns schon wieder 4 neue Gesichter begrüßten. VERRÜCKTER Ort!
Am Morgen darauf packten wir unsere 7 Sachen, denn die Wanderung zum 1400m hoch gelegenen Morskie Oko stand auf der Tagesordnung. Pascal meinte morgens noch zu mir: „Gut, dass die Hauptsaison vorbei ist, heute ist bestimmt kaum was los.“ Hahaha, wir wurden quasi erschlagen von der Masse an Menschen! Im Minutentakt kamen Busse mit Touristen an, die anschließend eine lange Schlange am Eingang des Nationalparks bildeten. Auch wir reihten uns brav ein und freuten uns, als die Wanderung endlich begann. Direkt nach dem Eingang standen die Pferdekutschen in Reih und Glied und die traditionell gekleideten Kutscher warteten auf Kundschaft (50 Zloty kostete die Fahrt nach oben – 40 Zloty für den Rückweg).
Der Weg zum See führte durch Polens wunderschöne Hohe Tatra, immer wieder blitzten verschneite Bergspitzen zwischen den hohen Nadelbäumen hervor und links und rechts wuchsen wilde Blumen in den schönsten Farben und Formen. Wasserfälle rauschten ins Tal und die wärmende Sonne war unser ständiger Begleiter! Die insgesamt 18km Hin- und Rückweg führten aber nicht über kleine, einladende Trampelpfade… Weit gefehlt – eine geteerte Straße bahnte sich ihren Weg durch die Idylle und diente gleichzeitig als Wanderweg. Ein dicker Minuspunkt!
Nach ca. 2h kamen wir am Morskie Oko an! Der See war glasklar und schimmerte faszinierend blau und grün. Ringsherum verschneite Berge und Wälder, die in den ersten Herbsttönen leuchteten. Man hatte das Gefühl, dass hier alle vier Jahreszeiten aufeinandertrafen und ein einzigartiges Panorama erschufen. Ein wundervoller Ort! Wären da nur nicht diese viiiiielen Menschen. Ich merke immer mehr, dass mein Gehirn diese Masse an Reizen kaum verarbeiten kann. Ich war komplett überfordert und war sehr dankbar, dass Pascal wusste, dass nur noch Kuchen half…
Gegenüber des Sees befand sich ein Restaurant, das warmen Apfelkuchen servierte und somit mein Leben rettete. DANKE.
Gestärkt traten wir den Rückweg an und stellten am Ende des Tages schmerzlich fest, dass es einen großen Unterschied machte, auf Teer oder Waldboden zu wandern…
INFO: Im „The Wall Street Journal“ war der Morskie Oko unter den TOP 5 der schönsten Seen weltweit! Das erklärt auch die 50.000 Besucher TÄGLICH!
INFO: Ein Parkplatz sollte im Voraus online gebucht werden! Die Parkgebühr betrug 30 Zloty. Der Eintritt zum Nationalpark kostete 7 Zloty.
Unsere letzte Nacht in Polen verbrachten wir in der Pampa, neben einem kleinen Bach. Lediglich ein Hirte mit seinen Schafen kam vorbei und wünschte uns eine gute Nacht.
Unsere Reise geht weiter nach Ungarn…
Einfach nur SCHÖN 😍❣🧡
🍓🍓😁
DANKE Mama 💚