Wissenswertes zu Südafrika:
- Südafrika hat elf amtliche Landessprachen: Englisch, Afrikaans, isiZulu, Siswati, Süd-Ndebele, Sesotho, Nord-Sotho, Xitsonga, Setswana, Tshivenda und isiXhosa
- Die Rassentrennung (Apartheid) endete erst 1994
- Die R62 ist die längste Weinstraße der Welt
- 1/3 der Südafrikaner sind arbeitslos
Am 24.01.2022 rollte Heidi also zum ersten Mal über afrikanischen Asphalt…
Pascal war so überwältigt, dass er total durch den Wind war: Er fuhr trotz Linksverkehr auf der rechten Seite, checkte alle paar Sekunden, ob die Handbremse gelöst war und wollte einfach nur raus aus Durban (nachdem wir ein paar Tage zuvor einen versuchten Raubüberfall auf einen Autofahrer gesehen hatten).
Wochenlang saß er nicht mehr hinterm Steuer und war mit der Fülle an Reizen verständlicherweise erstmal komplett überfordert.
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte und wir all unser Hab und Gut wieder in den Bus verfrachtet hatten, ging die Reise los. Wir waren wieder on the road, was für ein überwältigendes Gefühl!!!
Den ersten Halt legten wir in den Drakensbergen bei der Khotso Lodge ein und WOW, so ein Camp hatten wir noch nie gesehen. Ein kleiner Bach zog sich durch das grüne Gelände, um uns herum pure Natur, Steinhügel und nachts hörte man die Schakale jaulen. Der Strom funktionierte zwar nicht und es regnete immer mal wieder, aber es war uns scheiß egal. Wir waren in einem so verrückten Endorphin Rausch, dass NICHTS unsere Laune trüben konnte.
Hier lernten wir die Slowenen Nuša and Črt kennen. Die beiden waren in den vergangenen Monaten die selbe Route gefahren, die uns noch bevor stand! In ihrer Heimat betreiben sie einen Campingplatz und bieten Rafting- und Canyoningtouren (Aqua Tours Bovec) an. Die beiden haben uns mit allerlei Tipps und der Wildcard versorgt, die uns noch viele, unvergessliche (kostenlose) Erlebnisse ermöglichte. DANKE dafür! Wir freuen uns jetzt schon auf das Wiedersehen in Slowenien!
Unsere Reise ging weiter zum höchsten Pass Südafrikas – dem Sani Pass. Der 2873m hohe Gebirgspass war wunderschön in den Drakensbergen gelegen und führte größtenteils durchs Niemandsland zwischen Südafrika und Lesotho.
Črt warnte uns noch mit den Worten: „if you love your car, DON’T DO IT.“
Natürlich haben wir’s getan!
Früh morgens machten wir uns voller Optimismus auf den Weg. Naja, vielleicht war ich ein bisschen zu optimistisch, denn Pascal hatte sicherheitshalber schonmal das Abschleppseil gerichtet… Spätestens da hätte ich VIELLEICHT mal drüber nachdenken können, dass dieser Pass eventuell nicht ganz so easy werden würde… Hab ich natürlich nicht.
Einmal den Gesundheitsbogen ausgefüllt, den Ausreisestempel abgeholt, en Schnelltest gemacht und los ging die Fahrt über den steilen, steinigen Pass. Der Ausblick war GIGANTISCH! Um uns herum zauberten die Drakensberge ein Panorama, wie ich es so noch nirgends auf der Welt gesehen hatte. Die Berge waren durch und durch grün, am Wegrand blühten vereinzelt gelbe Blumen und ein wilder Bach bahnte sich seinen Weg durch diese Idylle. Und WIR zwischendrin, auf dieser herausfordernden, unbefestigten Passstraße – wenn man das Straße nennen konnte… Heidi musste ganz schön malochen, sie schnaubte und pfiff wie ne alte Dampflok und als die sowieso schon schlechten Gegebenheiten noch BESCHISSENER wurden, roch man auch schon den verbrannten Gummi. Oh-ohhhh. Während wir ordentlich durchgerüttelt wurden, kämpfte sich Heidi cm für cm über Steine und Geröll nach oben. Teilweise hatten wir nur mit 3 Reifen Bodenkontakt und gefühlt rollten wir von Schlagloch zu Schlagloch. Die Streckenabschnitte wurden steiler, die vom Regen unterspülten Bodenabschnitte größer und wir entschieden uns für das einzig Richtige: wir drehten um und ich glaube Heidi war uns noch nie so dankbar!
Natürlich hätten wir gerne damit geprahlt, dass wir den Sani Pass, den drittsteilsten Pass der Welt, mit unserer 3t schweren Transporter Dame gefahren waren. Natürlich hätten wir im höchsten Pub Afrikas gerne en Bierchen geschlürft. Und natürlich hätten wir gerne die faszinierende Aussicht auf über 2800m Höhe aufgesaugt. Aber ey, wir wollten auch noch 8 weitere Monate mit unserem heiligen Fahrzeug reisen… Ich bin froh, dass wir es versucht haben, denn sonst hätten wir für immer gegrübelt, ob wir es geschafft hätten.
Also rollten wir zurück zur Grenze, füllten WIEDER den Gesundheitsbogen aus, gingen WIEDER zur Ausweiskontrolle und stempelten WIEDER ein. Willkommen zurück in Südafrika!
Pascal hatte schnell ne Alternativroute nach Lesotho rausgesucht und sich noch von nem Einheimischen versichern lassen, dass die Strecke durchgehend geteert war. AM ARSCH! Wir haben für die ersten 20km bis zur Grenze 80 Minuten gebraucht!! Aus der anfänglichen Schotterpiste wurde ein Sani Pass für Anfänger: Heidi rumpelte über steiniges Terrain, kämpfte sich über Matschwege, die teilweise vom Regen weggespült waren, durch Löcher und tiefe Kerben im Boden. Der Pass war steil, draußen hing der Nebel und die Temperaturen sanken auf 12 Grad.
An der Grenze begann der Wahnsinn erneut: WIEDER haben wir brav den Gesundheitsbogen ausgefüllt, wieder wurden unsere Ausweise gecheckt und wieder wurde unsere Temperatur gemessen: Pascal hatte 32,4° und ich 34,1°. Während wir uns direkt fragende Blicke zuwarfen, war es der Dame scheiß egal, dass wir gerade EIGENTLICH nur so halb lebendig vor ihr stehen konnten. Sie wollte einfach nur, dass wir uns schnell wieder verpissen. Hahaha, so ne Arbeitsmoral würde uns Kartoffeln manchmal auch gut tun.
Mit dem südafrikanischen Ausreisestempel in der Tasche ging es zur Grenzstation von Lesotho. Die nette Beamtin widmete sich in einer Seelenruhe unseren Pässen, warf einen kurzen Blick auf den Covid Test und wünschte uns kurz darauf eine gute Reise. Gut, dass ich immer direkt den neuen Stempel im Reisepass bewundern möchte, denn ich fand komischerweise keinen von Lesotho. Pascal war schon leicht angepisst, als ich darauf bestand, nochmal zu der Dame zurück zu gehen. Aber als sie uns sah, schlug sie schon die Hände über dem Kopf zusammen und rief: „I forgot the stamp!“. UPSI! Das hätte so richtig in die Hose gehen können, Freunde!
Mit dem Stempel im Gepäck wartete draußen bereits die nächste Überraschung auf uns: ein Grenzmitarbeiter zeigte großes Interesse an unserem Fahrzeug und fragte kurzerhand, ob er es 2 Monate ausleihen könnte. Hahaha! Pascal brachte ihm schonend bei, dass das keine Option sei. Im Gegenzug wollte er dann ein Geschenk von uns. Wir hatten die Wahl: Wein oder Fleisch. Ne Dose Bier war dann letztendlich auch okay und er öffnete uns die heilige Schranke nach Lesotho. War das unsere erste, sanfte Begegnung mit Korruption?
Wissenswertes zu Lesotho:
- Mehr als 80% des Landes liegt über 1800m Höhe
- Lesotho ist ein Land IM Land
- Esel und Pferde dienen als hauptsächliche Transportmittel
- Lesotho hat mit 21% infizierten Erwachsenen die dritt höchste HIV Rate weltweit
- Knapp 1/4 der Bevölkerung kann weder Lesen, noch schreiben
Lesotho war anders und besonders zugleich. Die Menschen lebten ganz einfach: Wer wenig hatte, wohnte in einer Miniatur-Wellblechhütte und die Betuchteren bauten sich Steinjurten mit Strohdächern. Die Hirten waren eingemummt in Wolldecken, die sie wie Umhänge trugen und ihre Gesichter schützten sie mit Wintermützen vor der brennenden Sonne. Auf Eseln und Pferden ritten sie an uns vorbei und oft blitzten nur ihre neugierigen Augen hinter den Sturmmasken hervor. Sie wirkten oft zurückhaltend, sobald wir ihnen winkten, strahlten sie aber bis über beide Ohren.
Die Natur war mächtig und versetzte uns in einen Zustand des dauerhaften Staunens: Grüne Berge, meterhohe Wasserfälle, saftige, flache Wiesen mit hohem Gras. Kilometerweit einfach nur pure, unberührte Natur. Um noch mehr von dieser atemberaubend schönen Kulisse aufzusaugen, wanderten wir zum Maletsunyane Wasserfall, was gar nicht so einfach war, denn Wegweiser suchte man hier vergebens. Die Einheimischen verstanden kaum englisch, aber beim Stichwort „waterfall“, zeigten sie uns mit Händen und Füßen, wo es lang ging.
Nach dem ersten Kilometer gesellte sich Tabella zu uns. Ein 13 jähriges, dürres Mädchen, in Gummistiefeln und dreckiger Kapuzensweatjacke. Ihre Jeanshose füllte sie lediglich zur Hälfte aus und mit den Worten: „can I walk with you?“ überforderte sie uns komplett. Noch immer schwang in solchen Momenten eine riesen Portion Misstrauen mit… Ein fragender Blickwechsel fand zwischen Pascal und mir statt. Was machen wir jetzt? Wir können doch nicht NEIN sagen. Und wieder fragte sie höflich „can I walk with you?“.
Wortlos entschieden wir beide, einfach nichts zu sagen und überließen es dem Schicksal. So kam es, dass uns Tabella 3h begleitete und den ganzen Weg mit uns wanderte. Sie war sehr zurückhaltend, zupfte immer wieder Grashalme ab, oder kramte Paraffin Rechnungen aus ihrer Hosentasche und zerknüllte sie zwischen ihren Fingern. Sie erzählte uns, dass sie zur Schule ging und dort Englisch lernte. Sie hatte 2 jüngere Geschwister und lebte in einer Steinjurte in der Nähe. Es erschreckte mich, dass sie körperlich wie eine 10 jährige aussah und ihre Unterernährung sicher eine Teilschuld daran trug. Wir schlenderten über weite Wiesenlandschaften, sprangen über Bäche, stiefelten durch tiefsten Matsch. Motorisch war das Mädchen unglaublich geschickt und man merkte, dass die Natur ihr Zuhause war!
Und plötzlich waren da zwei weitere Kinder, die sich uns kurzerhand anschlossen. Barfuß marschierten sie über Stock und Stein und warfen uns bei jedem Blickkontakt ihr bezauberndstes Lächeln zu. Nach 1,5h kamen wir mit unseren 4 Kindern am Maletsunyane Wasserfall an. WOW! Dieser Anblick fühlte sich an, wie ein Wunder. Der Maletsunyane Fluss schlängelte sich durch eine weite, flache, grüne Wiesenlandschaft, bevor die Wassermassen an der senkrechten Plateaulandschaft 192m in die Tiefe polterten. Ein gigantisches Spektakel und der wahrscheinlich schönste Wasserfall, den wir je gesehen hatten.
Im Schatten eines Baumes machten wir es uns gemütlich und teilten unser Proviant. Ich zwirbelte Blumenkronen für die Kinder und Tabella zeigte uns, wie sie aus einer gefundenen, rostigen Cola Dose und ein paar Kieselsteinchen eine Tröte bastelte. Die Kinder lachten sich kaputt über unser eisgekühltes Wasser und hatten vielleicht zum ersten Mal Hirnfrost. Hahaha.
Mit jedem gemeinsamen Lachen verabschiedete sich das anfängliche Misstrauen und schuf Platz für tiefes Vertrauen – was für ein besonderes Gefühl!
Es war beeindruckend, wie liebevoll und empathisch die Kinder im Umgang mit Pan waren. Ich liebe diese Momente, in denen spürbar wird, dass Kinder keine kulturellen Unterschiede oder Andersartigkeit kennen. Sie haben offene Herzen und geben Zuwendung und Liebe mit einer Selbstverständlichkeit, die bei uns Großen auch mal da war, aber tief im Dunkeln schlummert…
Danke Schicksal, für diese drei Wegbegleiter, besonders für Tabella, die ich nie vergessen werde!
Unsere Reise ging weiter durch Lesotho. Das nächste Camp war wunderschön in der Pampa gelegen, ABER scheinbar hatte sich in den vergangenen Monaten niemand hier her verirrt… Alles wirkte ausgestorben und verlassen. Durch Rufen versuchten wir auf uns aufmerksam zu machen – erfolglos. Pascal hielt die einzigen beiden vorbeifahrenden Autos an, um sich nach dem Besitzer zu erkundigen – erfolglos. Wir kochten Kaffee, machten Mittag und warteten – erfolglos.
Sollten wir hier einfach Wildcampen? Dafür war unser Sicherheitsgefühl aber noch nicht 100%ig anwesend… Also packten wir unsere Sachen und fuhren zum nächsten Campingplatz. Die Suche war sehr mühsam und unsere Erfolgsquote sank konstant. Kein Stellplatz, kein Hotel, kein Gästehaus, keine Farm – NICHTS!!! Aber wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo die nächste geplatzte Traumblase her… Nach 2h Fahrt wurden wir fündig und aus dem erleichterten Aufatmen wurden schnell wieder lange Gesichter. Auch dieser Campingplatz war geschlossen. SCHEIßE!
So führte eins zum anderen und schwups, standen wir an der Grenze zu Südafrika. Früher, als gewollt…
Immerhin war unser Covid Test noch gültig und der Grenzübertritt easy. Pascals Reisepass war schon gestempelt, obwohl der pfeifende Beamte ihn nie in Real gesehen hatte. This is Africa! Hahaha.
INFO: Zur HIV Prävention gibt’s an den Grenzübergängen Kondome für umme.
Kurz nach der Grenze fanden wir das Karnmelkspruit River Camp und rückblickend musste an diesem Tag alles genauso beschissen laufen, wie es letztendlich lief. Denn dieser Ort hatte alles, was wir brauchten: Ruhe, Idylle, Abgeschiedenheit und kein Netz. JACKPOT! Das Camp lag mitten in der schönsten Natur, ein glasklarer Fluss zog sich durch das Gelände, auf den Felsen gegenüber beobachteten uns neugierig die Baboons (Paviane) und ab und zu sahen wir Felsenhasen, die panisch die Flucht ergriffen. Drei Tage verbrachten wir hier in vollkommener Einsamkeit, wanderten durch Südafrikas vielseitige Landschaften, gönnten uns mal wieder ne Lagerfeuer Calzone und feierten das langersehnte Schaumbad zu dritt! Die untergehende Sonne warf abends ihr schönstes Licht auf die umliegende Felsenlandschaft und machte diesen friedlichen Fleck zu etwas ganz Besonderem. Manchmal schaffen Umwege die schönsten Erinnerungen!
Unsere Reise geht weiter zum Addo Elephant Nationalpark…
Hallo ihr Lieben habe euren Beitrag gelesen und ich bin immer wieder begeistert und verzaubert von euren Erlebnisse. Wenn ich lese fühle ich mich mitten drin. Ich erlebe alles mit. Wir wünschen euch eine gute Zeit und gesunde Weiterfahrt. Passt gut auf euch auf.
Ganz liebe Grüße Sonja und Geddi 🥰
Ohhh DANKE, Sonja und Geddi! So schön, dass ihr Zuhause so mitfiebert und wir euch ein Stück mitnehmen können!
Wir freuen uns euch bald wieder zu sehen! 😍
Ihr lieben.
Mit Faszination und vielen Emotionen habe ich euren Bericht gelesen. Vor allem die Begegnung mit den drei Kindern auf dem Weg zum Wasserfall. Auch die Unsicherheit und Ängste kann ich so gut nachvollziehen. Passt auf euch auf und teilt weiterhin eure Erlebnisse mit uns daheim geblieben. Ingrid
Hallo meine lieben… In aller Ruhe und Totenstille um mich lese ich endlich euren neuen Blog… Wie immer halt… OHNE WORTE 🥰… Ganz vertieft und mitten drin!!!
Es ist so schön mit euch auf Reise zu gehen…. Dann schau ich ( nach dem Lesen) um mich herum und merke die Realität… MAMA ICH HABE HUNGER… Da war es vorbei mit der TOTENSTILLE… 😂😂😂!!
Es freut mich sehr das ihr so viele Abenteuer erlebt… Vor allem das mit den Kindern… Die wandern einfach mit 🤷♀️… Sowas gäbe es bei uns nicht… Weiterhin gute Reise…. Fühlt euch ganz fest gedrückt!!
Ihr fehlt mir…
Lg Danielle /Gedda 😘😘
Genau das habe ich auch gesagt, Danielle: Fremde Kinder, die einfach kilometerweit mitwandern und ihre Mamas wussten nicht, wo sie waren 🙈 unvorstellbar!
Freut mich, dass du so motfieberst und jeden Bericht liest!
Liebe Grüße aus Zambia 🤍✌🏽
Ja, diese Begegnung mit den drei Kindern war magisch! 🤍
Und wenn aus Unsicherheit dann plötzlich Vertrauen wird, ist das ein fabelhafte Gefühl 🤗
Wir passen auf uns auf und schicken liebe Grüße ✌🏽