Türkei Teil 1 – Oktober 2021

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Am 17.10.2021 fuhren wir weiter nach Karacabey. Es war trüb und schmuddlig – so ein typischer Regentag, den wir am Liebsten in Einkaufszentren verbrachten (da ist’s trocken und es gibt viel Essen). Nachdem wir nichts dergleichen fanden, landeten wir an einem See, wo wir eigentlich gar nicht hin wollten und freuten uns, als österreichische Nachbarn anrollten, die eigentlich auch gar nicht hier landen wollten. Haha, da hat uns das Schicksal wohl zusammengeführt! Kurz darauf hüpften Tine und Michael mit ihrem Sohn Tane und der Hündin Sky aus dem alten Mercedes. Sie waren bereits seit einem Jahr unterwegs und hatten das Jahresvisum für die Türkei in der Tasche. Auch sie waren Open-End Reisende und strahlten eine bewundernswerte Entspannung aus! Nachdem wir uns direkt sympathisch waren, tauschten wir Nummern aus und waren uns einig: ein Wiedersehen stand außer Frage.

Unsere Reise ging weiter zur Kapıdağ Halbinsel und das ist der wahrscheinlich beste Zeitpunkt um zuzugeben, dass wir Küstenstraßen hassen (nur der Junior nicht, der pennt immer). Ausblick hin oder her. Ich sitze hinten, muss mit meinen zwei Armen 193 Dinge festhalten, während Pascal jammert, dass er sogar als Fahrer fast kotzen muss. Die kurvigen Strecken sind unser Endgegner. Und diese mit einem 3 Tonnen schweren Fahrzeug zu fahren ist einfach scheiße und bereitet niemandem Freude. Punkt.
Ich weiß, dass der Klischee Hippie mit runder Sonnenbrille und Beachwaves im schulterlangen Haar ganz entschleunigt in seinem orangen T2 reist und genau diese Strecken liebt…
Mit 140 gerade aus über die Autobahn und zügig am idyllischen Schlafplatz ankommen, ist dann aber mehr nach unserem Geschmack…
Die Insel war traumhaft schön! Oliven- und Feigenbäume soweit das Auge reichte, eine bunte Vielfalt an Obst und Gemüse wurde auf der Insel angebaut und die kleinen Dörfer schienen sich größtenteils selbst zu versorgen. Reife Pepperoni, Paprika und Melonen wurden von den Frauen mit ihren wild gemusterten Klamotten geerntet und anschließend auf dem Markt verkauft.
Die Küstenstraße schlängelte sich durch die bergige Felslandschaft, die in einem satten grün strahlte. Immer mal wieder fuhren wir durch kleine Dörfer und hinter jeder Kurve wartete ein weiterer Traumstrand. Die Landschaft war so einzigartig schön, dass wir aus dem Staunen kaum heraus kamen… Bis wir an unserem ersten Schlafplatz landeten: Wir rollten an einen einsamen Strand und sahen schon einige Meter zuvor, dass wir dort ganz alleine sein würden… PERFEKT! Wären da nur nicht diese Massen an Müll! Etwas vergleichbares hatten wir an noch keinem anderen Ort gesehen. Man konnte keinen Schritt gehen, ohne dabei über Abfälle zu stolpern. Schuhe, Plastikflaschen, Scherben, Dosen, Fischernetze, Besteck, Bojen und unendlich viele kleine Kunststoffteile… Ein trauriges und bedrückendes Bild zugleich. Da können wir in Deutschland noch so viele Bambus Zahnbürsten kaufen, mit dem Stoffbeutel einkaufen gehen und das Waschmittel selbst herstellen… Solange in anderen Ländern kein funktionierendes Müllabfuhrsystem herrscht, ist unser vorbildliches plastikfrei Verhalten lediglich en Tropfen auf den heißen Stein.
Zum ersten Mal verließen wir einen Schlafplatz, weil es unmöglich gewesen wäre, sich frei zu bewegen. UNVORSTELLBAR!

Einige Kilometer weiter fanden wir in Ormanli letztendlich einen Platz am Strand, mit einem netten Dorf im Hintergrund, das auf den ersten Blick ziemlich ausgestorben wirkte. Lediglich zwei Männer bauten tiefenentspannt ein kleines Vordach (Pascal betonte immer wieder, dass er das alleine in 2h geschafft hätte. Haha.). Einer der beiden Männer kam direkt zu uns rüber und beschenkte uns mit einem Beutel frischer Pepperoni. Die Gastfreundschaft, die wir in den letzten Wochen erleben durften, überwältigte mich immer wieder. Diese selbstverständliche, innere Bereitschaft der Menschen, uns in ihrer Heimat willkommen zu heißen, ist eines der besten Gefühle auf Erden! Für diese Erfahrung bin ich unendlich dankbar und ich habe mir fest vorgenommen, auch in meiner Heimat jedem Menschen mit einem offenen Herzen zu begegnen.
Mit einem Strandspaziergang ließen wir den Abend ausklingen. Wir entdeckten tausend Quallen im Meer, streunende Hunde und fanden überraschenderweise ein kleines Café und einen Marktstand. Memo an uns: immer en bisschen Kleingeld mitnehmen, um die Locals zu unterstützen!

Unsere Reise ging weiter nach Yenice, wo wir eine kleine Wiese zwischen einem Stausee und riesigen Spitzpaprika Feldern fanden. Natürlich dauerte es nicht lange, bis der erste Bauer von der Paprika Ernte kam. Seine beiden weiblichen Gehilfinnen sprangen vom Traktor, forderten mich auf, eine Tasche zu holen und schon packten sie uns massenweise Paprika ein. (Pascal freute sich ganz besonders darüber und hoffte, dass sie noch Mais und Pilze im Gepäck haben…)
Irgendwo zauberten sie eine Melone hervor, selbstgebackenes Brot und eine Sonnenblume gab es oben drauf. Die Frauen nahmen sich Zeit, setzten sich zu uns, erklärten uns, wie wir „Salça“ (Paprikapaste) zubereiten können und freuten sich unheimlich über Pan. Diese schlichten Momente mit den Einheimischen waren unbezahlbar, weil sie einfach ehrlich, ungezwungen und authentisch waren.
Nach einem Abendspaziergang und der erfolglosen Suche nach einem Tee krochen wir in’s Aufstelldach.

Früh morgens füllten wir unsere Wasservorräte auf und anschließend ging unsere Reise weiter auf die Insel Alibey Adasi. Die letzten Kilometer zum Schlafplatz führten über eine anspruchsvolle und holprige Schotterpiste mit vielen Schlaglöchern. Durch die dauerhafte Vibration musste sich dabei der Deckel der Rohr-Solardusche gelöst haben und es kam, wie es kommen musste: 17 Liter Wasser rauschten ohne Vorwarnung durch das offene Fahrerfenster in den Innenraum. Pascal war so überfordert mit den plötzlichen Wassermassen, dass er mit seinen Händen versuchte, das Wasser aufzufangen und raus zu schöpfen. Erfolglos. Irgendwann hielt er einfach seinen Kopf unter den Wasserfall, um zu verhindern, dass noch mehr ins Fahrzeuginnere floss. Ich saß währenddessen mit großen Augen und in Schockstarre hinten und schaffte es lediglich „FUCK, scheiße. Oh fuuuuuck. Ach du Scheiße.“ vor mich hin zu stammeln. Dabei hätte es eine ganz simple Lösung gegeben: einmal Knopf drücken und Fenster hoch… UPSI! Diese heldenhafte Idee spuckte Pascals Gehirn (meine Synapsen wären da NIE drauf gekommen) leider erst nach der ganzen Misere aus. Jetzt war der Fahrer und auch Heidi nass und der Wasservorrat geringer, PASSIERT!
Nur wenige Minuten später kamen wir an unserem Schlafplatz an. Und was soll ich sagen?! Dieser Ort war wirklich jeden Tropfen wert! Wir parkten Heidi unter der einzigen Pinie weit und breit, das Meer rauschte an unserem kleinen Privatstrand direkt vor der Schiebetür. Um uns herum nichts. Keine Menschenseele. Nur der Ozean, eine trockene Weidenlandschaft, diese eine Pinie und wir mittendrin! WOW! Es war wieder einer dieser besonderen Plätze, wie wir sie bereits in Schweden und in Norwegen hatten. Ein Ort, an dem sich das Leben leicht anfühlte und ein ganz magisches, warmes Gefühl in mir auslöste… Als wären wir zuhause angekommen.
Drei Tage verbrachten wir auf der Insel, tankten Kraft, badeten im warmen Meer (Ende Oktober!!!) und waren unendlich dankbar, hier gelandet zu sein. Mit meiner Familie einsam im Nirgendwo zu sein, gab mir ein so vollkommenes Gefühl. Verrückt, dass mich genau das zu Beginn unserer Reise noch ängstlich stimmte…

Nicht nur das leere Rohr der Solardusche, auch unsere Vorräte mussten wieder aufgefüllt werden, also kam uns der Markttag in Ayvalik ziemlich gelegen. Das vermutlich Schönste daran war, dass wir dort die einzigen Touristen weit und breit waren (die Einheimischen schossen sogar Fotos von uns Hippies mit dem Kind auf dem Rücken) und niemand auch nur ein Wort englisch sprach! Pan wurde mal wieder reichlich beschenkt, wir probierten Gewürze, Gözleme (mit Spinat gefüllter Yufkateig), Trauben und kauften für ein paar Flocken einen Berg voller Obst und Gemüse! Oft konnten wir es kaum glauben wieviele Lebensmittel wir für minimale Centbeträge bekamen. Es fühlte sich an, als hätten wir hier ein ECHTES Stück Türkei erlebt. Es war laut und bunt, die Marktschreier priesen temperamentvoll ihre Lebensmittel an, Katzen warteten hungrig neben den Fischständen und immer wieder ertönte ein „MASHALLA!“ (Gott behüte dich), das unserem Junior galt.

Mit vollen Taschen ging unsere Reise weiter nach Hakkibey Yarimadasi. Dort verbrachten wir die nächste Nacht und landeten WIEDER an einem Traumstrand. Es war so verrückt: an jedem der Plätze zuvor dachte ich: „Es kann nirgends NOCH schöner werden.“ und die Türkei setzte jedes Mal einen oben drauf. Mit dem funkelnden Meer und feinem Sandstrand direkt vor der Schiebetür fühlten wir uns wie die Könige… Bis wir uns dazu entschieden bei Windböen von mehr als 75km/h im Aufstelldach zu schlafen. Eine richtig dumme Idee. Pan wars scheiß egal, nur wir Großen machten kein Auge zu. Der Zeltstoff klatschte dauerhaft an die Gasdruckfedern, die unter dem Druck des Windes zusätzlich quietschten. Überall flatterte es und zeitweise hatten wir das Gefühl, dass das Aufstelldach dem Ganzen eventuell nicht gewachsen war… Es war einfach nur ätzend und wir haben bestimmt aus diesem Fehler gelernt. Vielleicht.
TIPP: Zeigt die Wettervorhersage ein Windfähnchen mit einem Ausrufezeichen, eher nicht im Aufstelldach schlafen.

Wenn das nicht der perfekte Zeitpunkt für ein Wiedersehen mit unseren österreichischen Freunden war! In Demircili feierten wir unsere Reunion und wir hätten keinen schöneren Ort dafür wählen können. Weißer Kieselstrand, glasklares Wasser in den schönsten Türkistönen, Palmen, steinige Klippen und Sonnenschein. Eine kleine Halbinsel lag direkt neben uns, wodurch wir gleich 2 gegenüberliegende Strände hatten. Es war unfassbar schön!

Jede/r tat, wozu er/sie Lust hatte und das Beisammensein war so ungezwungen angenehm. Ich hatte das Gefühl, dass wir alle glücklich waren. Tine verwöhnte uns mit Linsenbolo, Obstsalat und Schokomuffins, Tane sorgte mit seiner Spielkiste für die Kinderbetreuung und Michael zauberte mir eine wunderschöne Dreadperle aus Wacholderholz! Die drei strahlten eine bewundernswerte Ruhe aus. Stress, Hektik und Angst fanden bei ihnen keinen Platz und sie wirkten total (be)frei(t)! Ihre Art war so inspirierend für mich und ich bin dankbar, Menschen zu begegnen, die anders leben, Herzen voller Mut in sich tragen und auch manchmal dem System einen dicken Mittelfinger zeigen.

DANKE Tine, Michael und Tane für die entspannte Zeit mit euch. Man sieht sich immer 3x im Leben, das wird „NICE“.

Unsere Reise geht weiter nach Karaburun…

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Anonymous

    ENDLICH!!! Nach gefühlten Ewigkeiten durfte ich wieder eintauchen in fremde Welten…sicher auf der heimischen Couch😉…und davon träumen, genauso offen und unbeschwert Menschen und anderen Kulturen zu begegnen..Ich bin und bleibe halt ein Schisser😁!
    Und nun beginnt das Warten: auf den 2. Teil des Blogs und geschilderte Eindrücken, die mich wieder unbeschwert mitnehmen…auf der heimischen Couch🤷🏼‍♀️🤦🏼‍♀️😖
    Die aus der Hub 👋🤗🧡

  2. Danielle

    Meine lieben…
    Es fesselt einen richtig euer Blog zu lesen… Da vergisst man alles um einen 🥰!!
    Gute Reise weiterhin…
    Freu mich auf den nächsten Blog ❤️

    1. heidi-finition

      Danke Danielle! 😍
      Der nächste Blogeintrag steht schon in den Startlöchern und da wirst du sogar erwähnt! 😉🖤

      1. Danielle / Gedda

        ❤️❤️

      2. Danielle / Gedda

        Freu mich 🤩

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